Einstieg in den Ausstieg aus der 41-Stunden-Woche

BDZ fordert neue Arbeitszeitmodelle

Aktuelle Studien zeigen, dass Nachwuchskräfte den Dienst als Beamtin oder Beamte des Bundes zunehmend kritisch sehen. Der Grund: Die 41-Stunden-Woche. Diese wird von vielen jungen Menschen nicht mehr als zeitgemäß angesehen. Ein Punkt, den der BDZ schon lange betont. Der Bund hat 2006 einseitig die Wochenarbeitszeit für Bundesbeamte/innen auf 41 Stunden erhöht. Damals hieß es, dieses Sonderopfer sei nur temporär. Jetzt läuft es fast 18 Jahre. Aus Sicht des BDZ ist dieser Vorgang eine dauerhafte Missachtung berechtigter Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen und ein massiver Vertrauensbruch der Politik. Auch viele weitere Arbeitszeitregelungen bedürfen aus unserer Sicht einer grundlegenden Modernisierung. Mit Blick auf die kommende Wahlperiode der Personalratsgremien stellen wir nochmals unsere Forderungen hierzu vor.

11. April 2024

Lange galt die Idee einer 35-Stunden-Woche als Utopie. Nun zeigt sich infolge der Einigung der gewerkschaftlichen Tarifauseinandersetzung der GDL mit der Deutschen Bahn, dass Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände diese Debatte zunehmend ernsthafter führen. Sogar über die 4-Tage-Woche wird in Teilen der Wirtschaft diskutiert. Ein ähnliches Problembewusstsein scheint jedoch bei der Bundesregierung nicht vorhanden zu sein. Denn die Vorgaben für Beamtinnen und Beamte des Bundes bedeuten im Grunde genommen: Lange und viel arbeiten, mit nur geringen Spielräumen für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten.

Diese Haltung ist angesichts der demografischen Herausforderungen wenig nachvollziehbar. Die zuletzt auch auf Führungsebene der Generalzolldirektion analysierte bundesweite Studie „Azubi-Recruiting Trends 2023“ legt beispielsweise den Schluss nahe, dass der Zoll bei vielen jungen Bewerberinnen und Bewerbern aufgrund der Arbeitszeitvorgaben nicht als attraktiv gilt. In der Befragung gaben 49 Prozent der Jugendlichen die Wochenarbeitszeit als wichtiges Entscheidungskriterium für bzw. gegen einen Ausbildungsplatz an. Bei der Arbeitszeitgestaltung standen flexible Arbeitszeiten sogar bei 77 Prozent der Befragten als Kriterium weit oben. Insgesamt stellt ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben“ den Punkt dar, den Jugendliche für am wichtigsten in der Wahl des zukünftigen Arbeitgebers bewerten. Das heißt vereinfacht ausgedrückt: Will der Zoll als Arbeitgeber in der Zukunft attraktiv bleiben, muss die 41-Stunden-Woche endlich abgeschafft werden.

Kritik an fehlendem Entscheidungswillen im BMI

Zukunftsweisende Arbeitszeitregelungen umfassen die Änderungen vieler Stellschrauben, die auf verschiedenen Ebenen angegangen werden müssen: auf gewerkschaftspolitischer und gesetzgeberischer Ebene, sowie personalvertretungsrechtlich gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen.

Die Rückführung der Arbeitszeit auf die 39-Stunden-Woche ist ein Ball, der klar im Spielfeld des Bundesministerium des Innern (BMI) liegt. Wir werden nicht müde, daran zu erinnern, dass es sich bei der Nichteinhaltung des Versprechens der Rückführung um einen anhaltenden Vertrauensbruch gegenüber der Bundesbeamtenschaft handelt. Denn die ursprünglich als temporärer Sparbeitrag zur Haushaltskonsolidierung im Jahr 2006 eingeführte Maßnahme ist trotz Wiederherstellung eines ausgeglichenen Haushalts rund zehn Jahre später bis heute zum Dauerzustand geworden. Unser Dachverband dbb beamtenbund und tarifunion ist mit dem BDZ die maßgebliche Stimme, die die Öffentlichkeit immer wieder auf diesen Missstand aufmerksam macht. Das Thema wird in jedem Gespräch mit politischen Entscheidungsträgern auf die Tagesordnung gesetzt.

Als weitere Forderungen gegenüber dem Innenressort unterstreichen wir die Altersteilzeit und die pausenlose Arbeitszeit. Die Möglichkeit der Altersteilzeit war und ist vor dem Hintergrund eines flexibleren Übergangs in den Ruhestand ein gutes Angebot für viele Kolleginnen und Kollegen ab dem 60. Lebensjahr. Leider waren die Arbeitgeber in der letzten Tarifrunde nicht bereit, den Tarifvertrag zu flexiblen Altersteilzeitregelungen für ältere Beschäftigte (TVFlex AZ) zu verlängern, so dass diese Möglichkeit auch für verbeamtete Beschäftigte infolge des Auslaufens des entsprechenden BMI-Erlasses entfällt. Die Altersteilzeit muss daher wieder Gegenstand der nächsten Tarifverhandlungen werden. Darüber hinaus stehen wir klar für einen Erhalt der sog. pausenlosen Arbeitszeit. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes und des BMI sollen an dieser Stelle zusätzliche Dokumentationspflichten kommen. Das lehnen wir ab. Denn die Anwendung der pausenlosen Arbeitszeit muss unbürokratisch bleiben; administrative Verfahren sind, wie in den bisherigen Regelungen, so einfach wie möglich zu gestalten.

BDZ drängt auf Erneuerung der Rahmenrichtlinie Gleitzeit des BMF

Neben diesen mittelfristig umzusetzenden gewerkschaftspolitischen Forderungen wird der BDZ über die personalvertretungsrechtlichen Kanäle darauf drängen, Maßnahmen auf untergesetzlicher Ebene durchzusetzen. Vertreter der BDZ-geführten HPR-Fraktion werden Mitte April im Rahmen einer Besprechung zur Evaluierung der bestehenden Gleitzeitregelungen die Forderungen des BDZ gegenüber dem BMF erneut persönlich zum Ausdruck bringen.

Die Anpassung der arbeitszeitrechtlichen Regelungen im Sinne der Beschäftigten muss aus unserer Sicht insbesondere folgende Punkte umfassen:

Arbeitszeitrechtliche Wertguthaben und lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle

Ein Baustein in der individuellen Gestaltung der Lebensarbeitszeit betrifft die arbeitszeitrechtlichen Wertguthaben (Lebensarbeitszeitkonten bzw. Langzeitkonten). Die im Jahr 2020 beschlossenen Regelungen zu den Langzeitkonten in §7a der Arbeitszeitverordnung (AZV) entsprechen nicht unseren Vorstellungen für eine zukunftsweisende und familienfreundliche Flexibilisierung der Arbeitszeit. Zwar wurde damit die prinzipielle Rechtsgrundlage für Langzeitkonten mit Zeitguthaben bis zu 1.400 Stunden geschaffen. Dieses Modell sieht jedoch eine zwingende Erhöhung der – ohnehin schon zu hohen – regulär abzuleistenden Wochenarbeitszeit um bis zu drei Stunden vor. Das wird in keiner Weise dem Prinzip der Fürsorge bzw. der Grundidee flexiblerer Arbeitszeiten gerecht. Es fehlt an dieser Stelle eine echte Anerkennung für die Mehrleistung der Beschäftigten, beispielsweise indem die infolge von Arbeitsspitzen tatsächlich angehäufte Mehrarbeit einem Lebensarbeitszeitkonto gutgeschrieben wird. Solche echten Lebensphasenmodelle würden auch die Möglichkeit eröffnen, in jüngeren Jahren ein positives Stundensaldo aufzubauen, das mit Blick auf die spätere Familiengründung zum Stundenabbau genutzt werden kann – ein echter Pluspunkt bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Flexibilisierung der Arbeitszeit (Vertrauensarbeitszeit)

Auch die Vertrauensarbeitszeit stellt ganz im Sinne der aktuellen Diskussionen ein Arbeitszeitmodell dar, bei welcher die Erledigung der dienstlichen Aufgaben und nicht mehr die zeitliche Präsenz der Beschäftigten im Vordergrund steht. Das Konzept findet ebenfalls Rückhalt im Koalitionsvertrag der Ampelregierung und sollte daher in der Arbeitszeitverordnung der Bundesbeamten/-innen geregelt werden. Selbst wenn Bedenkenträger auf rechtliche Vorgaben durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs und Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung verweisen, ist die Einführung der Vertrauensarbeitszeit für Beamte dadurch keineswegs ausgeschlossen. Solange beispielsweise die Aufzeichnungspflicht den Beamten/-innen selbst obliegt, bedeutet Vertrauensarbeitszeit schlicht und einfach weniger Kontrolle durch den Dienstherrn. Denn Beschäftigte können dann selbst frei über ihre Arbeitszeiten bestimmen. Aus Sicht des BDZ wäre selbst eine solche Aufzeichnungspflicht unnötig, da diese Kontrolle aufgrund der besonderen Dienst- und Treuepflicht (Art. 33 Abs. 4 GG) der Beamtinnen und Beamten nicht angemessen ist. Kurzum: Das Ein- und Ausstempeln muss künftig der Vergangenheit angehören.

Sabbatical

Auch das Sabbatical, d.h. die Möglichkeit sich für den Zeitraum von beispielsweise einem Jahr eine berufliche Auszeit zu nehmen, sollte konkret in der Verwaltung verankert werden. Formell kann dieser unbezahlte längere Sonderurlaub bislang nur von Beamtinnen und Beamten, nicht aber von Tarifbeschäftigten, in Anspruch genommen werden. Das Modell ist jedoch sowohl unter Beschäftigten als auch unter Führungskräften noch zu wenig bekannt. In der Praxis stellen sich daher viele Fragen, die es im Sinne der Beschäftigten zu klären gilt. Deshalb braucht es eine Dienstvereinbarung auf Ebene des Hauptpersonalrats, die einer breiten Ausschöpfung des Modells in der Fläche den Weg bereiten.

Reisezeiten

Die dienstliche Tätigkeit kann oft mit hohen Mobilitätsanforderungen verbunden sein, die unter dem Strich vielfältige Belastungen mit sich bringen können. Aus gewerkschaftlicher Sicht sollten Reisezeiten deshalb auch in vollem Umfang als Arbeitszeit angerechnet werden können. Ferner sollte gerade angesichts der Inflationsentwicklung eine Erhöhung der reisekostenrechtlichen Wegstreckentschädigung bei Benutzung von Privat-Kfz erfolgen. Auch müssen reisekostenrechtliche Erstattungsansprüche endlich reibungslos elektronisch abgewickelt werden. Denn Dienstreisen sollten weder unnötigen Papierkram nach sich ziehen, noch einen Zeit- oder Liquiditätspuffer auf Seiten der Beschäftigten voraussetzen.

Wir werden weiter über die Ergebnisse der Gespräche mit den relevanten Entscheidungsträgern berichten. Für uns ist wichtig, nicht nur über Verbesserungen zu reden, sondern Schritt für Schritt konkret an ihrer Umsetzung zu arbeiten. BDZ - Bewegt die Zukunft.

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